Dr. Judith R. Faulkner, Epic Systems & Ich – eine Spendenfreundschaft?
Inhalt
Neulich im Posteingang, zwischen der Rechnung vom Stromversorger und dem neuesten Sonderangebot für Autopolitur, ploppte plötzlich eine ganz besondere E-Mail auf: Dr. Judith R. Faulkner persönlich – Gründerin, CEO und offenbar auch Weihnachtsmann in einem – wollte mir 3,5 Millionen Euro schenken. Einfach so. Fürs gute Karma.
Die E-Mail von judithfaulkner@cashdonation.org
Manchmal bekommt man Mails, bei denen man sich fragt: „Ist das Spam, ein schlechter Witz oder habe ich gerade im Lotto gewonnen – ohne zu spielen?“
Diese hier fiel ganz klar in Kategorie 4: epische Verwirrung.
Die angebliche Judith R. Faulkner – Gründerin, CEO und Multimilliardärin von Epic Systems – möchte mir persönlich 3,5 Millionen Euro schenken.
Einfach so. Weil sie gerade in Spenderlaune ist und 30 % ihres Vermögens an „Individual“ verschenken will. An mich. Hugo. Aus Wanne-Eickel.
Natürlich gibt es auch einen Wikipedia-Link, damit man sich vergewissern kann, dass sie wirklich existiert. Was für ein Zufall, dass gerade sie mir geschrieben hat – mit einer E-Mail-Adresse von “cashdonation.org”. Da werden selbst die Nigerianischen Prinzen neidisch.
Hallo, Ich bin Judith R. Faulkner, Gründerin von Epic Systems, Investorin und CEO von Epic Systems. Ich bin einer der Eigentümer von Epic Systems. Ich habe 30 Prozent meines Privatvermögens für wohltätige Zwecke gespendet.
Und ich habe auch versprochen, den Rest von 30 % dieses Jahr 2025 an Individual zu verschenken. Ich habe beschlossen, 3.500.000,00 Euro an Sie zu spenden. Wenn Sie an meiner Spende interessiert sind, kontaktieren Sie mich bitte für weitere Informationen. Über den untenstehenden Link können Sie auch mehr über mich lesen https://en.wikipedia.org/wiki/Judith_Faulkner Herzliche Grüße, Dr. Judith .R. Faulkner, CEO Epische Systeme.
If you are interested in my donation of €3,500,000.00 do contact me for more info.
Unsere Antwort – natürlich von Hugo persönlich
Als ernstzunehmender Bürger aus dem Herzen des Ruhrgebiets lässt man sich so eine Gelegenheit natürlich nicht entgehen. Also hat Hugo Scholz, BMW-Enthusiast und Grillmeister vom Dienst, sofort in die Tasten gehauen.
Jetzt warten wir gespannt, ob Frau Faulkner antwortet. Vielleicht kommt ja demnächst die Kontoabfrage. Oder ein nigerianischer Anwalt. Oder beides.
Hugo ist bereit.
Hallo Frau Faulkner,
mein Name ist Hugo Scholz aus Wanne-Eickel. Ich bin ganz gerührt von Ihrer E-Mail. So viel Geld – einfach so! Da wird einem ja ganz warm ums Herz, ehrlich!
Ich hab erst gedacht, das ist wieder so’n Schmu aus dem Internet, aber dann hab ich Sie mal gegoogelt – und tatsächlich: Sie gibt’s ja wirklich! Wikipedia lügt ja nicht, oder?
3.500.000 Euro… das ist mehr, als ich aufm ganzen Bausparvertrag habe. Da kann ich mir endlich den Wohnwagen holen, den ich schon seit Jahren ins Auge gefasst hab. Und die neue Felgen für meinen BMW – da wird der Club Augen machen!
Was muss ich denn jetzt genau machen, damit Sie mir das Geld schicken können? Geben Sie Bescheid, ich bin bereit.
Mit ehrlichen Grüßen
Hugo
BMW-Club Wanne-Eickel
Grillmeister seit 2003
Die zweite Mail – jetzt wird’s spirituell
Jetzt wird’s ernst: Judith meldet sich erneut – beseelt, entschlossen und offenbar direkt nach einem Gespräch mit dem lieben Gott.
99 % ihres Vermögens will sie spenden, und Hugo soll 3,5 Millionen davon bekommen – weil, na klar, Wanne-Eickel braucht Hoffnung.
Dafür will sie nur ein paar Kleinigkeiten: Name, Adresse, Religion, Einkommen… also quasi alles außer Hugos Blutgruppe.
Aber gut, wer Milliarden verschenkt, darf auch mal neugierig sein.
Hugo ist bereit.
Wir antworten und schicken brav unsere Daten.
Ob sie antworten?
Jetzt wird’s offiziell – und ein bisschen biblisch
Nachdem Hugo sich als spendefreudiger BMW-Fan aus Wanne-Eickel geoutet hat, geht Judith voll in die Offensive:
Jetzt kommt die Community Foundation Bank ins Spiel – mit einer E-Mail-Adresse von @accountant.com
, was ja direkt nach Wall Street klingt. Hugo ist übrigens der 30. Empfänger der Spende, was den Druck natürlich erhöht: „Mach hinne, damit Nummer 31 auch was kriegt!“
Zusätzlich wird die Geschichte noch etwas mit dem Heiligenschein bestäubt:
Judith betet für Hugo, ihr Herz sei voller Freude, und sogar der geheimnisvolle Herr Richardson Parker habe schon seine Millionen erhalten – trotz anfänglicher Skepsis!
Klassisches Storytelling, wie aus dem großen Internet-Betrüger-Handbuch: Vertrauen schaffen, emotional binden, Dringlichkeit erzeugen.
Ach ja – ganz wichtig: Hugo soll jetzt bitte die Einzahlungsnummer mitschicken. BAYIV / AHY5353 / 373462 / ESPANA / – klingt irgendwie wie IBAN im Würfelbecher.
Wir schreiben dem Kundenbetreuer - communityfoundationbank01@accountant.com
Jetzt wird’s ernst: Hugo meldet sich bei der sogenannten Community Foundation Bank, wie es sich gehört – freundlich, vorbereitet und voller Vorfreude.
Er schickt brav die Einzahlungsnummer, seine (natürlich “echte”) Adresse und lässt durchblicken, dass Uschi schon im ALDI-Katalog nach Whirlpools blättert. Schließlich muss man vorbereitet sein, wenn man plötzlich Millionär wird.
Sehr geehrter Herr Kontomanager,
mein Name ist Hugo Scholz aus Wanne-Eickel. Ich wurde von Frau Dr. Judith R. Faulkner informiert, dass ich zu den glücklichen Empfängern ihrer großzügigen Spende gehöre (3.500.000 € – ich kann’s immer noch kaum glauben!). Sie hat mir Ihre Kontaktdaten weitergeleitet und mich gebeten, mich direkt bei Ihnen zu melden.
Hier die benötigten Informationen zur Bearbeitung der Auszahlung:
Einzahlungsnummer: BAYIV / AHY5353 / 373462 / ESPANA /
Vollständiger Name: Hugo Scholz
Postanschrift: Am Stadion 12, 44649 HerneIch freue mich schon riesig auf die Auszahlung – meine Frau Uschi hat schon angefangen, im ALDI-Katalog nach Whirlpools zu suchen.
Bitte teilen Sie mir mit, welche Schritte ich als Nächstes machen muss, damit die 3,5 Millionen sicher auf meinem Konto landen. Ich bin bereit und voller Vorfreude.Mit erwartungsvollen Grüßen
Hugo
BMW-Club Wanne-Eickel
Grillmeister seit 2003
Die Bank meldet sich – und will erstmal… na? Richtig: Geld!
Jetzt wird klar, worum es bei dieser ganzen göttlich gesegneten Freundschaft mit Judith wirklich geht:
495 € bis 736 € „Kontoeröffnungsgebühr“, je nachdem, ob man’s lieber langsam, normal oder Premium Deluxe mag.
Sparsam wie er ist, überlegt Hugo natürlich, ob das Sparkonto reicht – aber die Aussicht auf „sofortige Gutschrift“ beim Premiumkonto klingt einfach zu verlockend. Man will ja nicht, dass das Geld zu lange auf dem virtuellen Parkplatz steht.
Natürlich wird betont, dass das alles „voll versichert“ ist und die Gebühr „nicht verloren geht“ – außer natürlich in den Taschen der Betrüger.
Der Clou: Die Spende ist angeblich so sicher, dass sie nicht mal für die Kontoeröffnung benutzt werden darf.
“Aus rechtlichen Gründen”, versteht sich. Na klar.
Ach, und einen Ausweis wollen sie jetzt auch.
Weil ja jeder seriöse Philanthrop von seinen Spendenempfängern erstmal den Führerschein haben möchte.
Herzliche Grüße von der Community Foundation Bank
Um Ihre Leistungen in Bargeld umwandeln zu können, müssen Sie bei uns ein Transitkonto für Nichtansässige eröffnen. Ich teile Ihnen Ihre neue Kontonummer und Ihre PINs mit, damit Sie auf Ihr Geld zugreifen und es überweisen können. Bitte beachten Sie, dass Ihr neues Konto bei unserer Bank als Offshore-Transitkonto in den USA fungiert und Sie von überall auf der Welt online auf Ihr Konto zugreifen können. Um ein Konto für Nichtansässige bei uns zu eröffnen, erwartet die Community Foundation Bank von Ihnen, dass Sie aus unserer Liste der unten aufgeführten Kontooptionen für Nichtansässige die gewünschte Kontoart auswählen und die Kontoeröffnungsgebühr entrichten. Damit wir Ihr Konto schnellstmöglich eröffnen können, stellen Sie sicher, dass Sie alle folgenden Schritte abgeschlossen haben:
Schritt 1: Wählen Sie die gewünschte Kontoart aus und zahlen Sie den ersten Kontostand ein.
KONTOART
Sparkonto ………………. 495 €
Girokonto ………………. 589 €
Premiumkonto ………………. 736 €
Das Sparkonto ermöglicht einfache Überweisungen, wirkt sich aber erst nach 3 Werktagen auf den Kontostand aus.
Das Girokonto ermöglicht ebenfalls einfache Überweisungen, die jedoch erst nach 24 Stunden auf Ihrem Konto wirksam werden.
Das Premiumkonto ermöglicht sofortige Überweisungen und sofortige Gutschrift des Guthabens auf Ihrem Konto. Es ist das schnellste und sicherste Konto.
Die Kontoeröffnungsgebühr geht nicht verloren und wird nicht von der Bank eingezogen. Sie dient zur Eröffnung/Aktivierung Ihres Kontos als erste Einzahlung zur Aufrechterhaltung Ihres Kontos für Bankdienstleistungen (Scheckeinlösung und Auslandsüberweisungen). Sie kann nur bei Kontoauflösung abgehoben werden und ist vollständig erstattungsfähig.
Schritt 2: Fügen Sie Ihre unten stehenden Unterlagen als E-Mail-Anhang bei. a) Ein Originaldokument zur Bestätigung Ihrer Identität, z. B. ein aktueller unterschriebener Reisepass oder Führerschein mit Lichtbildausweis.
Hinweis: Die Kontoeröffnungsgebühr/Ersteinzahlung kann nicht von Ihrem Spendenscheck abgezogen werden, da dieser in Ihrem Namen bei einer renommierten Versicherungsgesellschaft in den USA voll versichert ist. Dies ist eine Sicherheitsmaßnahme der Einleger des Fonds, um sicherzustellen, dass wir das Geld vollständig auf Ihr angegebenes Girokonto überweisen. Andernfalls drohen uns schwerwiegende rechtliche Konsequenzen. Ihre dringende Antwort bestimmt, wie schnell Ihre Überweisung beginnt. Sie erhalten außerdem eine E-Mail mit weiteren Informationen zu Ihrer Überweisung und der gewählten Kontoeröffnungsoption. Mit freundlichen Grüßen
Community Foundation Bank,
Kundenservice
Überweisungsabteilung,
Herr Joseph Townsend
Hugo fragt nach – Vertrauen ist gut, aber Uschi passt auf
So langsam wird es ernst: Die Millionen sind zum Greifen nah, aber Hugo bleibt wachsam – schließlich ist nicht jeder Tag Zahltag in Wanne-Eickel.
Und weil man heutzutage im Internet ja alles versprechen kann, bittet Hugo den ehrenwerten Herrn Townsend höflich um etwas ganz Banales: eine Webseite.
Nicht viel verlangt, sollte man meinen – immerhin handelt es sich ja um eine internationale „Community Foundation Bank“ mit Überweisungsabteilung und allem Zipp und Zapp.
Doch Hugo weiß: Wer 3,5 Millionen überweist, darf auch mal fragen, ob’s ein Impressum gibt.
Ganz besonders, wenn Uschi im Hintergrund schon skeptisch die Stirn runzelt und murmelt: „Dat riecht wie der Heizlüfter vom Heinz – verschmort und faul.“
Also will Hugo erstmal die Internetseite sehen, bevor er sich für ein Sparkonto, Girokonto oder Premium-Luxus-Megagoldkonto entscheidet.
Sehr geehrter Herr Townsend,
vielen Dank für Ihre schnelle Rückmeldung und die ausführliche Erklärung zu den verschiedenen Kontoarten. Ich bin ehrlich gesagt ziemlich aufgeregt, dass es jetzt bald soweit ist – 3,5 Millionen Euro, das glaubt einem ja keiner!
Allerdings möchte ich vor der Überweisung der Kontoeröffnungsgebühr auf Nummer sicher gehen. Sie wissen ja selbst: Es gibt heutzutage so viele Betrügereien im Internet, und man kann nie vorsichtig genug sein.
Daher wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir bitte noch die offizielle Webseite der Community Foundation Bank schicken könnten – damit ich mich dort nochmal genau informieren kann.Ich bin mir sicher, dass bei einer seriösen Bank wie Ihrer natürlich alles seine Richtigkeit hat, aber meine Frau Uschi sagt immer: „Vertrau is jut, Kontrolle is besser!“
Ich hoffe, Sie verstehen das.Sobald ich die Webseite gesehen habe, treffe ich eine Entscheidung bezüglich der Kontoart – ich tendiere aktuell zum Premiumkonto, weil das einfach am professionellsten klingt.
Mit freundlichen Grüßen
Hugo
BMW-Club Wanne-Eickel
Grillmeister seit 2003
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